Buchtipp
Marke statt Meinung:
Die Gesetze der Markenführung in 50 Antworten.
Das Thema Marke wird verständlich und mit vielen konkreten Beispielen ausgeleuchtet. Wie immer reden die Markenexperten Arnd Zschiesche und Oliver Errichiello nicht um den heissen Brei herum, sondern geben handfeste Tipps zur Markenführung. Empfehlenswerte Lektüre für alle, die ihre Marke besser verstehen und stärken möchten.
Top 2 Fehler
Bei der Analyse von Verkaufszyklen begegnen wir in der Praxis häufig den beiden folgenden Situationen.
Drauflos kommunizieren, ohne sich an die Kernwerte der Marke zu halten
Beispiel: Das Marketing eines Hotels entdeckt Potential bei der Zielgruppe «Familien» und bewirbt diese gezielt. Angebote für Kinder gehören aber nicht zu den Kernleistungen der Marke. Es fehlt an Infrastruktur wie Spielzimmern etc. Das Marketing preist also ein Produkt an, das gar nicht in hoher Qualität geliefert werden kann. Die Gäste sind unzufrieden, denn das Markenversprechen deckt sich nicht mit ihren Erwartungen. Es wurde Marketing betrieben, das sich nicht an den Kernleistungen der Marke orientiert hat.
Den Konsumenten die Kontrolle über die Marke überlassen
Beispiel: Ein italienisches Restaurant führt eine Umfrage durch und stellt fest, dass sich manche Gäste auch mal Gerichte mit asiatischem Einschlag wünschen. Der Menüplan wird entsprechend angepasst. Schlussendlich fehlt aber die Erfahrung mit der Zubereitung asiatischer Gerichte und die Qualität leidet. Zudem ist nicht mehr klar, wofür das Restaurant steht: italienische oder asiatische Küche? Die Gäste wenden sich ab, obwohl das Restaurant versucht hatte, ihren Wünschen zu entsprechen. Es hat die Kontrolle über die Marke an sie abgetreten.
3 Fragen an den Markenexperten Arnd Zschiesche
Notice: Markenentwicklung wird oft als Luxusdisziplin angesehen, die sich nur Grossunternehmen leisten können. Was rätst du kleinen Unternehmen?
Arnd Zscheische: Markenentwicklung ist Grundlage jeder Unternehmung, völlig unabhängig davon, wie gross oder klein, wie luxuriös oder billig, egal ob B to B oder B to C. Das Spannende ist: Sie können nicht nicht Marke machen (frei nach Paul Watzlawick). In dem Moment, wo ein Unternehmer eine Leistung in den Markt bringt, die Abnehmer findet, welche sie gut finden und für die sie bereit sind, regelmässig ihr Geld zu investieren, darüber positiv sprechen, fängt Marke an wirksam zu werden. Die Markenentwicklung an sich ist ein völlig natürlicher Prozess.
Unserer Erfahrung nach verhält es sich leider genau umgekehrt: Wenn das Unternehmen sich erst mal eine eigene neudeutsch «Branding Unit» leisten kann, dann wird die Markenführung schlechter, weil man sich erfahrungsgemäss zunehmend von der eigenen Kernleistung entfernt. In Deutschland geht das so weit, dass das Unternehmen irgendwo in der Provinz seine hervorragende Leistung erbringt, die Branding Unit in Berlin sitzt und sich ganz coole, hippe, zeitgeistige Dinge ausdenkt, die nur leider nichts mehr mit der Markenrealität zu tun haben.
In deinem Buch schreibst du vom Zusammenprall der beiden Pole «Markenführung» und «Marketing». Wo liegt das Problem?
Das Problem liegt darin, dass in vielen Unternehmen keine klare Trennung herrscht, sie in der Realität oft gegeneinander arbeiten. Marke muss ganz oben in der GF angesiedelt sein, das Marketing hat – zunächst wie jede andere Abteilung auch – die Aufgabe, die strategischen Vorgaben zur Markenführung zu verkaufsfördernden Massnahmen zu verdichten, die PS auf die Strasse bringen. So wie die Entwicklungsabteilung die Aufgabe hat, diese Vorgaben in markentypische Produkte umzusetzen. Marketing besetzt eine wichtige Schnittstelle zum Kunden, hat gleichzeitig den internen Druck, die Verkaufszahlen nach oben zu treiben. Häufig führt dieser Druck dazu, dass nicht langfristig markenförderliche, sondern kurzfristig verkaufsförderliche Massnahmen initiiert werden. Daher ist es so wichtig, dass klare Vorgaben bezüglich Preis, Distribution, Auftritt etc. «von oben» festgeschrieben sind – auch um das Marketing zu entlasten.
Das Online-Marketing wird dank immer neuer Kanäle und Automationen stark beschleunigt. Müssen sich Marken dadurch auch schneller wandeln?
Auch die Digitalisierung schaltet den analogen Kunden nicht aus (bei guter Markenführung): Gerade das Online-Marketing muss darauf achten, dass es trotz seines Tempos vor Augen behält, für wen und was es seine zahlreichen Kanäle befüllt. Auch in den neuen digitalen Kanälen geht es einzig und allein darum, das positive Vorurteil über die Marke zu verdichten und darzustellen. Das heisst nichts anderes, als dort das markentypische Tempo durchzusetzen. Das wird bei Jack Daniel’s Whiskey etwas anders sein als bei Red Bull. – Die Marke setzt das Tempo und den Duktus, niemals der Kanal. Das Medium darf nie über die Marke herrschen, Facebook führte ja zeitweise dazu, dass konservative Versicherungen, wo sich kein Angestellter ohne Krawatte reintraut, im Netz plötzlich als megacoole Hipsterfirmen auftraten.

Dr. Arnd Zschiesche
Der Markensoziologe Arnd Zschiesche ist Autor zahlreicher Fachbücher zur Markenführung sowie kontinuierlich als Interviewpartner in den Medien vertreten. Er kämpft gegen die sinnlose Verschwendung von Werbebudgets, absurde Marketing-Ideen und für den «normalen» Umgang mit Marken. Gemeinsam mit Oliver Errichiello betreibt er das Büro für Markenentwicklung und ist Lehrbeauftragter für Markenmanagement an der Hochschule Luzern Wirtschaft sowie Dozent an der Universität Hamburg.